Die Point of Marketing (P.O.M.), eine Initiative der 4 österreichischen Kommunikationsverbände CCA, DMVÖ und ÖMG, öffnete seine Pforten im Apothekertrakt des Wiener Schloss Schönbrunn. Marketingexperten gaben Einblicke und Case Studies zum Thema "Jugend: Kult & Wahn" - hier ein kleine Zusammenfassung aus den Vorträgen:
Exzellente Unternehmen unterscheiden sich signifikant von den "Nicht-erfolgreichen".
Erfolgreiche Unternehmen ("Winner")
- eigenständige Digital-Strategie
- Strategieprozesse kontinuierlich weiterentwickeln
- Strategie als "aktiv" gelebeter Prozess
- Feedback-Mechanismen in der Organisation
- Fokus in der Differenzierung
Nicht-Erfolgreiche Unternehmen ("Follower")
- unzureichende Digital-Strategie
- Top-down-Prozess
- überladene, theoretische Analytik
- geringe Umsetzungsrelevanz
- Fokus "stuck-in-the-middle"
Symbolik, Hierarchie und Rituale zählen heutzutage nicht mehr. Macht sollen diejenigen erhalten, die gute Ideen mitbringen. Erfolgreiche Unternehmen nutzen die Macht der Beziehungen und Netzwerke, das Wissen, die Ideen und der Kreativität. Nicht-Erfolgreiche Unternehmen setzen stark auf eine hierarchische Führung, wo das Handeln am Vorgesetzen ausgerichtet ist und auf starre Arbeitszeiten.
Integrationsmanagement = 4 verschiedenen Ebenen = Geschäftssicht, Prozess-, Anwendungs- und technische Sicht
Mitarbeiter, die sehr digital unterwegs sind, eignen sich auch einen anderen Umgang mit der Technik an. Schenkt man Mitarbeitern vertrauen und Freiheiten, kann schneller auf Probleme reagiert werden. Als Beispiel wird ein Shitstorm bei der Lufthansa genannt, wo innerhalb von Minuten eine Entscheidung getroffen werden muss, die dann auch von den Mitarbeitern getroffen wird, da diese von Geschäftsleitung Vertrauen und somit Handlungsbefugnis erhalten habe.
Es ist besser für ein Unternehmen auf schnelle Entscheidungsprozesse zu setzen, wo es eben auch einmal Fehler geben kann, anstatt auf lange und mühsame Entscheidungsprozesse.
Ein paar Einblicke in die Zielgruppe des Lifestyle- und Jugendmagazines VICE gab es von VICE-CEO Stefan Häckel.
Heute leben wir in einer präfigaruativen Gesellschaft. Die junge Generation hat die kulturelle Meinungsführerschaft übernommen. Generation Millenial (Generation Y = Identität-Individualisten), wo Freunde wichtiger erscheinen als die Familie. Millenials gelten als digitale Nomaden, sind globale Individualisten.
2018 werden Millenials eine höhere Kaufkraft als die Generation X und Baby Boomer's haben. 80% der Millenials streben einen Job an, der Bedürfnisse befriedigt und die Leidenschaft für den Beruf erhält. Bevorzugt werden nachhaltige Lebensmittel, wobei auf lokale Produzenten gesetzt wird. Essen für Millenials ein Erlebnis und nicht nur Treibstoff. Auf Essen wird nicht verzichtet, daher ist Food für diese jungen Menschen sehr wichtig.
Millenials gehen mit Freunden auf Konzerte und Parties, nutzen 24h am Tag die sozialen Netzwerke (mit durchschnittlich 600 Freunden). Millenials bevorzugen Ideen gemeinsam zu generieren. Content als Social Currency = 500 Tweets pro Minute verlinken auf YouTube-Videos. Millenials wollen stets etwas Neues erleben und neue Menschen kennenlernen.
Millenials, als Multiplikatoren, erwarten einfach mehr von einer Marke und wollen das Beste. Die Marke will erlebt werden, daher die Gewichtung auf Content. Marken wandeln sich deshalb langsam zu Medienhäusern, um wertvollen Content liefern zu können. Content Marketing = Brand Love! Oft reichen schon kleine Top-Events mit max. 10 Bloggern und die Marke erhält schon eine gute Reichweite.
Millenials sind an Technik interessiert und besitzen ein High-End Smartphone. Fashion-Content ist sehr gefragt, den über Mode tauscht man sich aus.
Vice-Philosophie: Brands müssen aufhören "Marketing zu machen" und anfangen zu kommunizieren wie eine moderne Media Company. Der Konsument muss in einen "Brand Advocate" verwandelt werden.
Das Vice-Mantra:
- KOMMUNIZIERE MITTELS CONTENT
- MACHE AUS KOMMUNIKATION ENTERTAINMENT
- KREIERE CONTENT MIT LONG-TAIL-VALUE
- MACHE AUS FANS BRAND ADVOCATES
- SCHALTE NIE WIEDER AUS
Content Marketing = Brand Love
- Adressierung von Millenials
- Enabling der Generation Y
- Kreieren von Social Currency
- Teilen von relevanten Erfahrungen
Jürgen Polterauer und Klemens Huber sprachen dann über das Sterben der Zielgruppen.
Zielgruppenbilder sind alt geworden und Rollenbilderdenke im Marketing veraltet. Auch will kein Mensch klassifiziert werden. MUOK = Multioptionale Konsument! Muok's kreieren sich ihre eigene Welt = Channels & Medien, Inhalte & Formalismen, Zeitpunkt & Ort, Spontan & Schnell.
Dann ging es um das Thema Technik. Technik & neue Medien bringen Demokratie. Die Technikkultur wird Männern zugeschrieben. Marketing muss den Weg zu den Communities finden und sich genau anschauen wie diese aufgebaut sind und wie die Leute dort ticken.
10 Regeln für den Weg zur Community:
- Lass die Stars sprechen
- Starte eine permanenten Dialog
- Schaffe einen starken Anreiz
- Bau Schranken ab
- Mache die Plattform breit
- Unterhalte
- Erzähle Video-Storys
- Mache Freunde zum Teil der Story
- Gib Marken glaubwürdige Rollen
- Formuliere Ziele
Wie füttert man Communities? Man braucht Content, wobei die Qualität der Videos nicht immer eine wichtige Rolle spielt. 2017 werden 69% des gesamten Internet-Traffic Videos sein.
Beispiel von BWIN "The Road to El Clasico"
Dann gab es noch eine Tour durch die Geschichte, mit Martin W. Drexler (Professor für Multimedia & Kommunikationswirtschaft). Eine bessere Technik erlaubt auch eine schnellere Kommunikation. Die Geburt des Mikrochips wird mit 1958 angesetzt.
Susanne Kare ist die Erfinderin der Mac-Oberfläche. Jede Erfindung in der Kommunikation brachte auch mobile Endgeräte mit sich. Das Smartphone kann als der moderne Faustkeil betrachtet werden, der Alleskönner in unserer Hand. Die Jugend von heute riecht den Braten und ein jeder möchte einen auf Steve Jobs machen. Bei der Kommunikation in unserer Zeit, reduziert sich der Blick auf das Wesentliche auf 5-7 Sekunden. Heutzutage muss das Marketing 4 Generationen ansprechen, wobei die Jungend die treibende Kraft in unserer Zeit ist.
Zitat des Tages: Wer auf frischen Wind wartet, darf nicht verschnupft sein, wenn er kommt. (Helmut Qualtinger)
Weiter ging es mit Einblicken in den Food-Blog, wo Menschen sich mit Liebe und Leidenschaft zu kulinarischen Themen beschäftigen. Nina Mohimi & Dani Terbu, die Gründerinnen der Coolinary Society, sprachen über das Thema. Die beiden Blogger organisieren FoodCamps und Firmenevents. Gerade Events bieten gute Geschichten für Content Marketing. In Unternehmen sollte regelmäßig der Kommunikationsmix aufgefrischt werden. Jeder Blogger braucht ein Erlebnis, um darüber schreiben zu können.
Grundregeln für einen erfolgreichen Food-Blog:
- Erwartungen erfüllen
- Authentisch sein
- Transparenz
- Ehrlichkeit (Don't ask for my opinion and get mad when i tell you the truth.)
- Blick auf die Community
- Dialog führen
- Qualität liefern
- Fokus auf das Wesentliche
- Werte hochhalten
- Charmant sein (Kritik kann auch in einem höflichen Ton formuliert werden)
Samplings mögen zwar recht nett sein, aber erzeugen keine langfristigen Erinnerungen. Happy-Blogger-Relations sind nachhaltig. Sponsoren kann man haben, sofern man die eigenen Werte nicht aufgibt. Hier ist Klarheit zwischen Blogger und Sponsor notwendig. Es geht nicht darum, die Teilnehmer eines Food-Events zu beeinflussen, sondern nach Möglichkeit die Marke mit einer positiven Erinnerungen zu verknüpfen. Auch Werbung in Blogs sollte gekennzeichnet werden. Food-Blogger verwenden meistens hochqualitative Produkte. In seinen Blogs sollte man stets die Community einbinden.
Unternehmen sollten auch den Wert von Blogs anerkennen. Wenn eine Zusammenarbeit gewünscht wird, dann auf Augenhöhe und einem ordentlichen Honorar.
Menschen suchen heutzutage das Besondere, daher boomen auch die Food-Blogs. Kreativität ist gefragt, als Beispiel wird Kreativ-Zeit angeführt. Der Trend bei den Menschen geht zu weniger Fleisch und zu mehr Pflanzen. Die Konzentration geht bei den Menschen auf die wirklich wichtigen Dinge und nicht auf den Konsum-Müll.
Das Thema "Junge Marken" beleuchtete, das Menschen nach Sehnsuchtsorten suchen, hier wird das Beispiel Cabin-Porn genannt. Besitztum ist nicht mehr so wichtig, sondern die effektive Verwendung. Menschen versuchen durch Individualität dem Standard zu entkommen, als Beispiel wird das Kieser-Training angeführt.
Ein weiteres Beispiel ist die Halbinsel Nordkyn, welche als attraktives Reiseziel vermarktet wird. Das Logo von Nordkyn ändert Form bei geänderter Windrichtung und die Farbe bei veränderter Temperatur.
Für eine Marke ist es wichtig authentisch zu sein und die Bedürfnisse der Community zu bedienen. Als gutes Beispiel wird Gibbon Slacklines genannt. Marketingaktionen sind meistens dann erfolgreich, wenn diese kaum etwas kosten. Außerdem schlagen "starke Bilder" starre Marketingbilder.
Coca Cola ist eine sehr vielfältige Marke, obwohl diese nur aus 3 Grundelementen (Farbe, Schriftzug, Flaschenform) besteht.
Die Marke Starbucks z.B. expandierte so sehr, dass das Unternehmen an seine Grenzen stieß. Tired corporate shit = dann muss der Spirit wieder zur Marke zurückkehren. So gibt es nun wieder Kaffemaschinen die zum Kaffeekochen 4 Minuten brauchen. Es geht nicht um die Geschwindigkeit, sondern um die Erlebniswelt.
Weiter ging es über die Generation Yolo (you only live one). Das Leben ist mittlerweile so komplex, dass man sich gelähmt fühlt, sich wie in einem Wartezimmer fühlt. Hier die berühmte Rede von Julia Engelmann beim 5. Bielefelder Hörsaal-Slam:
Yolo's sind sehr wohl an Politik interessiert, nur haben sich die Werte verändert. Der Wert (Geld) wird zu einem Zwang, durch den freien Markt und den Kapitalismus. Die Jugend wird zum Siegen herangezogen. Karriere wird zum Zwang und die Jugend sehnt sich nach einer sicheren Mittelmäßigkeit. Bei der Jugend herrscht Orientierungslosigkeit, da selbst ein Karriereplan in die Arbeitslosigkeit führen kann. Die Ich-Orientierung nimmt zu. Yolo's sind nicht rücksichtslos, sondern der Druck nimmt zu und bestimmt dann das Verhalten. Vieles im Leben ist für die Jugend nicht mehr kalkulier- und planbar. Nun möchte die Jugend das Leben in vollen Zügen genießen bzw. im positiven Sinne auskosten = das Leben heute genießen (Joy of Now)! Der Tag ist wichtiger als die Zukunft, denn die Zukunft kann niemand planen. Der Tag ist finanzierbar, die Zukunft oft nicht.
Instant Lifestyle:
- Verabschiedung von der Zukunft
- Zelebration des Tages
- Erlebnisreiche Inszenierung
- Formulierung der eigenen Identität
- Globaler Wettbewerb und Dokumentation
- Ausdifferenzierung von Ästhetik und Qualitätsbewusstsein
- Gehobene Erwartungshaltung an Marken
- Regrounding = alte Werte intuitiv
- Low involved
Traditionen und Nachhaltigkeit werden wichtiger, daher Dinge, für die der Mensch oft keine Zeit hat.
Zum Schluss ging es noch um Gaming. Das Leben ist ein Abenteuer, egal wie es ausgeht. Die Welt der Computer Games ist nicht nur mehr den Nerds vorbehalten. Bei den Games kommt es zu einer Verschmelzung der einzelnen Industrien (z.B. Filmindustrie). Es ist ein Klischee von Computerspielzeug, dass diese nur von Freaks verwendet werden und die User dadurch vereinsamen. Die Spieler werden älter und Games verhelfen zu gemeinsamen Familienspaß. Durch Games kommt es auch zu einer Ausweitung der sozialen Kontakte. 60% aller Gamer ist übrigens älter als 18 Jahre.
Und so endet ein Tag für das Marketing. Einen genauen Nachbericht über die Veranstaltung gibt es übrigens in der HORIZONT-Ausgabe Nr. 21/14.
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